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Aufbruch in die Post-Hoeneß-Ära?

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Es scheint so zu sein, dass sich Dieter Hoeneß endgültig unmöglich gemacht hat. Wenn der Manager entmachtet werden sollte oder sogar entlassen, bzw gegangen wird, dann steht Hertha BSC zweifelsohne der größte Umbruch seit dem Wiederaufstieg bevor.

Dass Hoeneß nicht dazu in der Lage ist, Kompetenzen abzugeben, wird schon ewig befürchtet und kritisiert. Seine Fehlgriffe auf dem Transfermarkt sind bekannt und verleiten zu gemeinen Späßen. Dazu kommen dann die permanenten Angriffe gegen eigene Angestellte, insbesondere gegen Trainer Lucien Favre. Dazu dann interne Schreiben der Geschäftsführung, welche schonungslos in die Öffentlichkeit getragen werden. Die Interviews mit ewig langen Monologen über sich selbst, kann auch kein Mensch mehr hören. Am schlimmsten ist aber die Geschichte mit der Schreibmaschine, die für Dieters Selbstwahrnehmung so bezeichnend ist: Er allein hat alles aufgebaut.

Kurz und knapp: Dieter Hoeneß ist für Hertha BSC nicht mehr tragbar. Für einen Nachruf ist es jedoch noch zu früh.

Wie zu lesen ist, hat sich der Vorstand (also Präsidium und Aufsichtsrat) nun endlich dazu durch gerungen, eine Entscheidung herbei zu führen. Dieter Hoeneß muss die Kernkompetenzen seines Amtes abgeben und an Michael Preetz und Lucien Favre übertragen. Das wurde schon seit Jahren gefordert. Aber nun scheint es so zu sein, dass die faktische Entmachtung des Managers kurz bevor steht. Ob Dieter Hoeneß das akzeptieren wird? Ich denke nicht. Dann bleibt ihm nur noch der Rücktritt und die damit verbundene Vertragsauflösung oder im Ernstfall der Rausschmiss.

Fraglich bleibt, ob der Vorstand um Präsident Gegenbauer tatsächlich die Traute hat, Dieter Hoeneß mit einem Raussschmiss zu konfrontieren und ihm die Konsequenzen seines Allmaschtsanspruches aufzuzeigen. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre mögen einen skeptisch stimmen und befürchten lassen, dass am Ende doch wieder Hoeneß das Ruder in der Hand hält, den Kurs vorgibt und der Rest des Clubs nach seiner Pfeife tanzt. Man kennt das ja schon…

Allerdings muss man Hertha BSC zugestehen, dass der Club sich selbst mittlerweile in die Situation versetzt hat, von Dieter Hoeneß unabhängig zu werden. Das Assessment einer Beratungs-Firma hat ergeben, dass genug Management-Potential bei Hertha BSC vorhanden ist, namentlich die Mitarbeiter Preetz (Sport) und Schiller (Finanzen). Dass sich Hertha selbst darüber vergewissert hat, in den eigenen Reihen Kompetenzen ausgebildet zu haben, die nicht in der Person von Dieter Hoeneß liegen, ist ein wichtiger Schritt in Richtung Unabhängigkeit von Dieter Hoeneß gewesen.

Wichtiger noch ist der sportliche Erfolg und die Weiterentwicklung der Mannschaft unter Trainer Lucien Favre, wie auch die Morgenpost in einer Lobeshymne festhält. Zumal es für den ehrgeizigen Schweizer nach verschiedenen Medienberichten nicht mehr tragbar ist, dass er – formal gesehen – kein Mitspracherecht bei Transfers hat. Bisher musste er gegen jeden geplanten Transfer, der nicht in sein sportliches Konzept passte, Mehrheiten beim Vorstand organisieren, die dann dem Manger Dieter Hoeneß beibringen mussten, dass der Tranfer nicht stattfinden wird. Auf Dauer kann man so nicht arbeiten. Schon gar nicht, wenn Dieter Hoeneß immer wieder Interesse daran hat, halbseidene Brasilianer zu verpflichten. Der Eklat um die Nicht-Verpflichtung von Julio César zeigte das sehr eindrucksvoll.

Im Zusammenhang mit diesem Tranfer und der selbstbezogenen Darstellung von Dieter Hoeneß zerbrach die Freundschaft zwischen dem Manager und Präsident Gegenbauer. Hoeneß machte sich in vielen Bereichen unmöglich. Scheinbar auch deshalb, weil Lucien Favre gegenüber dem Vorstand in Sachen Transfers die besseren Argumente zu haben scheint. Das kann auf Dauer natürlich nur dazu führen, dass ein Manager mit Riesenego seine beginnende Isolation dadurch weiter festigt, dass er sich noch unmöglicher macht. Zuletzt sagte er öffentlich, dass er kein Verständnis für die Entscheidung von Lucien Favre habe, nicht mehr mit Marko Pantelic arbeiten zu wollen.

Dieter Hoeneß hat sich selbst unmöglich gemacht. Und dem Club ist klar, dass Lucien Favre das sportliche Konzept umsetzt, das für Herthas Zukunft steht. Da spielt es dem Trainer natürlich in die Karten, dass das Trainerkarussell sich derzeit so schnell dreht wie selten zuvor. Was mich in diesem Zusammenhang gewundert hat, war ja, dass das Gerücht, Lucien Favre wäre ein Top-Kandidat beim HSV, lediglich aus einer einzigen Quelle lanciert wurde. Nämlich des Boulevard-Blatts BZ, das sich in letzter Zeit eigentlich selten gut informiert zeigte. Würde es wundern, wenn dieses Gerücht gezielt gestreut wurde? Nein. Denn es ist klar, dass die Verhandlungsposition von Lucien Favre und Michael Preetz deutlich stärker ist, wenn es ein lanciertes Angebot für den Trainer gibt.

Tja, man wird es nicht erfahren. Aber die Bild meldet heute, dass Labbadia den Trainerposten beim HSV besetzen wird. Wenn Dieter Hoeneß nicht schnell entmachtet wird, wird es nur eine Frage der Zeit sein, bis die ersten Spekulationen auftauchen, dass Favre ein Kandidat in Leverkusen sei.

Ich habe zum aktuellen Umbruch bei Hertha BSC eine ganz klare Meinung: Dieter Hoeneß hat sich verdient gemacht bei Hertha BSC. Keine Frage. Aber seine Zeit ist vorbei. Das wurde unlängst verabredet, nur sieht er es nicht ein. Es wäre allerdings schade, wenn es zu einem unrühmlichen Abgang käme, weil der ehemals allmächtige Macher weiterhin uneinsichtig bleibt. Wichtig ist jedoch, dass der Umbruch endlich vollzogen wird. Mit Trainer Favre, der mehr Kompetenzen eingeräumt bekommt, steht ein akribischer Arbeiter bereit, der auch in wirtschaftlich kargen Zeiten seine Loyalität zeigt und längst bewiesen hat, dass er der Verantwortung gewachsen ist. Michael Preetz wird sich dagegen erst noch beweisen müssen. Aber an der Seite von Lucien Favre und mit der Unterstützung von Ingo Schiller hat er die besten Voraussetzungen. Deswegen muss der Umbruch jetzt vollzogen werden.

Gelingt es nicht, ist es sehr wahrscheinlich, dass Lucien Favre eine neue Chance suchen wird und den Verein verlässt. Außerdem wäre es fraglich, ob Michael Preetz weiterhin die Nummer Zwei spielen will. Schon Martin Baader zog es nach Nürnberg, weil er keine Perspektive neben Dieter Hoeneß sehen konnte. Schafft es Hertha BSC also nicht, sich vom Patriarch zu lösen, werden die Hoffnungsträger den Verein verlassen und Dieter allein zurück lassen. Dann wäre er in der Tat nicht mehr wegzudenken. Und Hertha hätte keine Zukunft mehr, weil der Club in der Vergangenheit gefangen wäre.

Fakt ist, dass sich Dieter Hoeneß im letzten Jahr unmöglich gemacht hat. Der Club weiß nun, dass er ihn auch nicht mehr nötig hat. Deswegen sind die Chancen für einen Aufbruch in eine Post-Hoeneß-Ära so groß wie nie. Ich hoffe, dass Hertha BSC sie nutzt! (Würde es um den FC aus Köln gehen, könnte man De Höhner zitieren. Aber es ist klar, dass das nicht geht. Denke sich jeder seinen Teil dazu…)

Foto: andi611

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7 Kommentare

  1. Erstellt am 5. Juni 2009 um 11:24 | Permanent-Link

    Ich traue eher Lucien Favre als Dieter Hoeneß zu, die nächste Bundesliga-Saison sinnvoll zu planen. Da beide wohl nicht an einem Strang ziehen, sollte unbedingt eine Entscheidung fallen und zwar für die Zukunft mit Favre und Preetz. Da Hoeneß sowieso nächstes Jahr aufhören wird, kann die Hertha so zielgerichteter für einen langfristigen Erfolg aufgestellt werden.

    Ein Worst-Case-Szenario wäre, die ersten Spiele in der neuen Saison gehen verloren, Hertha steht auf dem 14. Tabellenplatz und der Dauer-Zoff zwischen Hoeneß und allen Anderen eskaliert. Dann verlässt Favre den Verein und Hertha steht mitten im Abstiegskampf ohne Trainer da. Muss dann wieder Hans Meyer aktiviert werden? Also bitte, jetzt bloß einen Schritt in die Zukunft machen.

  2. Erstellt am 5. Juni 2009 um 13:27 | Permanent-Link

    Hans Meyer ist doch ein super Trainer.
    Nein, im Ernst, ich denke, dass man bei Hertha Favre so lange wie möglich halten sollte. Das mit Favre und dem HSV war wohl nur ein Ablenkungsmanöver.

  3. Sebastian
    Erstellt am 5. Juni 2009 um 14:00 | Permanent-Link

    Ich will an dieser Stelle meinen Kommentar von 24.5. wiederholen:
    “Ich glaube, es wird sich einiges ändern bis zur nächsten Saison…wir dürfen gespannt sein und ich freu mich drauf…vielleicht wäre es bei einem Einzug in die CL auch alles komplizierter geworden, weil Didda ordentlich Oberwasser getankt hätte und seine alte Liebe zu Gegenbauer (schöner Name in dem Kontext) für ordentlich Zoff um die Verwendung der Kohle gesorgt hätte…so kann man nur hoffen, das Dieter trotz aller Verdienste gegangen wird und Favre sämtliche sportliche Kompetenz in die heilige gegeben wird…denke das Joe (schnief…), Ebert und vielleicht sogar Arne (HSV?) gehen und Lulu seinen Umbruch vollenden könnte…wir spielen nächstes Jar schöneren Fußball und werden mit etwas Glück wieder Fünfter…so stell ich mir das vor :) …auf gehts nach dem Desaster ist hinter der Vorfreude!”
    Jetzt erst recht :) …=

  4. streiflicht
    Erstellt am 5. Juni 2009 um 15:18 | Permanent-Link

    Das ist DIE Gelegenheit, D.H. jetzt endlich mal loszuwerden.
    Nein, ich vergesse die Schreibmaschine nicht, Danke auch dafür. Mit Favre und evtl. Preetz kann die nächste Entwicklungsstufe beschritten werden.
    Mein Eindruck ist, dass man bei Hertha gerade erkennt, dass man ohne Hoeneß stärker ist.

  5. Sascha
    Erstellt am 5. Juni 2009 um 21:36 | Permanent-Link

    So jetzt erstmal durchatmen:

    Labbadia zum HSV, Heynckes zu Leverkusen, somit dürften auch die letzten Zweifel erloschen sein, dass es Favre wegzieht!

  6. Felix
    Erstellt am 6. Juni 2009 um 11:18 | Permanent-Link

    Ich sehe das ganze nicht so dramatisch. Hoeneß’ Abgang ist seit langer Zeit auf 2010 festgelegt. Sollte er jetzt schon gehen ist es um so besser für den Verein. Wenn nicht, dann werden alle noch ein Jahr aushalten müssen. Ich glaube nicht, dass Favre und Preetz für dieses eine Jahr nicht auch noch ihre Geduld aufbringen können. Schließlich ist Favre schon seit zwei Spielzeiten im Verein und Preetz weiss schon aus seiner aktiven Zeit, wie der Hase läuft. Es wäre gut für den Verein den Schritt jetzt zu vollziehen, aber wenn nicht jetzt, dann eben nächstes Jahr (und nicht wann dann, Enno :) ).

    Dieter Hoeneß hat hier in Berlin viel erreicht und sollte auch nicht verteufelt werden. Seine Zeit ist gekommen, aber nur weil er jetzt gehen sollte, war nicht alles schlecht. Im Moment muss er einstecken ohne Ende, obwohl er das nicht verdient hat. Wenn ihr 10 Jahre in einer Beziehung seid und es nach und nach immer schlechter zwischen euch läuft, ihr euch streitet und letztendlich dann trennt, waren auch nicht alle 10 Jahre schlecht! Man neigt dazu, bei einem schlechten Ende die gute Zeit davor zu vergessen.

    Sollte die Schreibmaschinengeschichte wirklich stimmen, dann sollte man das auch mal anerkennend zu Kenntnis nehmehn.

  7. Erstellt am 6. Juni 2009 um 13:07 | Permanent-Link

    Vielen Dank für eure Kommentare. Ich habe einige von euren Anmerkungen in dem aktuellen Artikel aufgenommen. Beim Antworten auf eure Kommentare ist mir aufgefallen, dass ich einen ganz neuen Artikel schreiben muss.

    Hier entlang: Ein Lehrstück über faktische Macht

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